KL 400
Dieser Kramer KL400 ist mit seinem Baujahr
1962 einer der
jüngsten Schlepper in meiner Sammlung.
Vorkriegs- und andere exotische Schlepper haben zweifelsohne Ihren besonderen
Reiz, doch in manchen Situationen ist es einfach schön und praktisch, auf einen
ganz „normalen“ Schlepper zurückgreifen zu können. Der Kramer KL400 ist ein
Paradebeispiel für einen formschönen und zugleich praktischen Schlepper.
Kramer in Gutmadingen in der Nähe des Bodensees stellte seit 1925 Traktoren her,
die stets mit zugekauften Motoren ausgerüstet wurden. In der Nachkriegszeit
fertigte Kramer eigene Getriebe. Durch den Zukauf von Deutz-, Güldner- und
britischen Standard-Motoren konnte Kramer so eine große Bandbreite an Schleppern
in unterschiedlichsten Leistungsklassen anbieten.
Der Kramer KL400, ausgerüstet mit einem 38 PS starken luftgekühlten
Dreizylinder-Deutz-Dieselmotor, war 1960 der stärkste Schlepper im
Kramer-Katalog.
Bilder:
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Er wurde von 1960 bis 1967 in 2269 Exemplaren gebaut. Der Großteil der
produzierten KL400 besaß den Deutz F3L712 (1466 Stück), in den
restlichen wurde
der Nachfolger F3L812 verbaut.
Der KL400 wurde nur vom KL550 übertrumpft, der allerdings nichts anderes als ein
Deutz D50 mit Kramer-Motorhaube war.
Bei den Getrieben setzte die Firma Kramer auf Eigenentwicklungen. So entstand je
ein Getriebetyp für schwächere und leistungsstärkere Antriebe. Kramer nannte die
Getriebe „Baugruppe 1“ und „Baugruppe 2“. Der Kramer KL400 mit seinen 38 PS wurde
mit dem BG2-Getriebe ausgerüstet. Dieses Getriebe war durchaus modern. So war es
mit einer innovativen Zwischengangschaltung versehen, mit der der Fahrer mittels
einer fußbetätigten Schaltwippe die Fahrgeschwindigkeit um einen halben Gang
reduzieren konnte. Gepaart mit der serienmäßigen Doppelkupplung hatte der
Landwirt mit dem KL400 einen leistungsfähigen Schlepper, mit dem auch schwere
Zapfwellenarbeiten zu meistern waren.
Mit einer Gesamtlänge von ca. 3,3 Metern und einem Gewicht von knappen 1,8
Tonnen war er in seiner Leistungsklasse sehr kompakt und leicht.
In den 1960er Jahren begannen die Hersteller, neben der technischen
Weiterentwicklung ihren Schleppern ein wenig „Design“ mit auf den Weg zu geben.
Egal, wohin der Landwirt damals schaute: Alle Schlepper erhielten rundliche,
geschwungene Motorhauben, vielerorts wurden die Scheinwerfer stromlinienförmig
in die Motorhauben integriert. Bei den Gebrüdern Kramer war es nicht anders.
Dort ging man sogar einen Schritt weiter und fertigte fortan modisch abgerundete
Motorhauben aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Werbewirksam „Durelastic“
genannt, bewarb Kramer die GFK-Hauben als geräuschdämmend und rostfrei.
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Als der Kramer im Sommer 2022 im Internet zum Kauf angeboten wurde, stach mir
das Inserat schnell ins Auge. Der aufgerufene Preis war mehr als fair, der
Zustand wunderbar original mit schöner Patina. Und sogar das Problem der
Besichtigung und des Transports – immerhin stand der Kramer knappe 750 Kilometer
von mir entfernt - konnte schnell gelöst werden. Ein Oldtimerfreund, unweit des
Verkäufers beheimatet, erklärte sich spontan bereit, den Kramer vor Ort zu
begutachten. Er versorgte mich mit dutzenden Fotos und absolvierte eine
ausführliche Probefahrt. Er gab grünes Licht - der KL400 hatte eine gesunde
Basis und lief gut. Die telefonischen Verhandlungen mit dem Verkäufer waren kurz
und schmerzlos, sodass nun nur noch der Transport nach Norddeutschland
bewerkstelligt werden musste. Diesen besorgte ein anderer Oldtimerfreund, der
den Kramer mit seinem Tieflader gen Norden transportierte und im Gegenzug einen Fordson aus meiner Sammlung kaufte.
Dieser Kramer KL400 verbrachte sein Arbeitsleben im Landkreis Donaueschingen, in
unmittelbarer Nähe zum Kramer-Werk in Gutmadingen. Der Erstbesitzer orderte 1962
seinen KL400 mit einigen Sonderaustattungen: so zum Beispiel mit der Kramer-eigenen Heckhydraulik, größerer Hinterradbereifung (11-28 statt 10-28)
sowie Lenkbremspedalen. So ausgestattet lag der Preis des Kramer KL400 bei ca.
13.600 DM. Das entsprach dem Gegenwert von fast drei VW Käfern! Ende der 1960er
Jahre wurde das PEKO-Verdeck nachgerüstet, 1972 folgte ein Überrollbügel.
Obwohl er in den vergangenen 61 Jahren durch mehrere Hände ging, wurde der
Kramer offensichtlich stets gut behandelt und nicht verbastelt. Abgesehen von
ein paar kleineren Durchrostungen an den Kotflügeln, wo zuvor das Verdeck
montiert war und einem Bruch des Kühlergrills der GFK-Motorhaube gab es nichts
an der Optik bemängeln. Durch den Einsatz von Epoxydharz, Glasfasermatten und
Spachtelmasse konnte ich die gebrochene Haube wieder richten und ihr die
originale Form wiedergeben.
Und auch die Technik war weitestgehend fit. Ich ersetzte die recht abgefahrenen
Vorderreifen und reparierte die teilweise funktionslose Elektrik. In diesem
Rahmen spendierte ich dem Deutz-Motor auch drei neue Glühkerzen. Die verstummte
Hupe zerlegte und reinigte ich. Und siehe da, fortan hupte sie wieder wie am
ersten Tag.
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Das leichte Blauqualmen beim Beschleunigen führte ich zunächst auf verschlissene
Ölabstreifringe zurück. Doch die Ursache lag lediglich in einem losen
Verschlussstopfen im Zylinderkopf des ersten Zylinders. Kaum angezogen,
verschwand jedwedes Qualmen umgehend.
Die vielleicht praktische und leistungsstarke aber nicht originale (und ziemlich
hässliche) Drehstrom-Lichtmaschine ersetzte ich durch eine originale
Bosch-Gleichstromlichtmaschine, welche ich vor dem Einbau in einem Fachbetrieb
überholen ließ. Auf der eigenen Werkbank zerlegte ich den Bosch-Anlasser, der
mir reichlich träge erschien. Ich reinigte den Anlasser mitsamt des Kollektors
und der Kohlen. Und siehe da: auf einmal startete der Deutz-Motor noch schneller
als zuvor.
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Neben weiteren kleineren Details, wie zum Beispiel einer neuen Sitzschale,
spendierte ich dem Kramer im Rahmen einer Generalinspektion neue
Betriebsflüssigleiten, Filter und Keilriemen.
Die erste eigene Probefahrt verlief sehr zufriedenstellend. Mehr noch: obwohl
mein KL400 nicht die Version mit werksseitigem Schnellgang ist (KL 400 „S“), ist
er mit 29 km/h reichlich flott unterwegs.
Als nächstes steht nun eine neuen Hauptuntersuchung an, danach kann der Kramer
zugelassen werden.
Hier noch ein Video zum Kramer KL400: