"Model E" 1 1/2 HP

Neben alten Traktoren interessierte ich mich schon immer für Stationärmotoren. Bevor früher der erste Schlepper auf den Bauernhof kam, gab es häufig bereits einen solchen kleinen Stationärmotor, der zeitraubende und anstrengende Arbeiten übernahm. So zum Beispiel das Antreiben von Wasserpumpen, Butterfässern, Getreidemühlen, Quetschen, Waschmaschinen, und vielem mehr. Die Geschichte der Stationärmotoren ist somit direkt mit der der Traktoren verbunden. Um die bestehende Traktorensammlung etwas abzurunden, entschloss ich mich, auf die Suche nach einem passenden Motor zu gehen.

Fündig wurde ich 2013 mit dem hier gezeigten John Deere "Model E". Ein solcher John-Deere-Motor war mein Favorit, da er aufgrund seiner urigen Technik gut zu meinen alten "Johnny Popper" passte. 

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Mit der Übernahme der Waterloo Gasoline Engine Co. im Jahre 1918 hatte John Deere neben Schleppern nun auch Stationärmotoren im Angebot. Nachdem John Deere die "Waterloo Boy"-Motoren mehrere Jahre lang unverändert produzierte und vertrieb, erhielten sie 1923 nach einer grundlegenden Überarbeitung eine neue Bezeichnung. Die neuen Motoren wurden "Model E" genannt, damit sie sich gut in das Modellschema John Deeres einfügten. John Deere stellte diese benzinbetriebenen Verdampfermotoren mit liegendem Zylinder in drei verschiedenen Größen her: 1,5 PS, 3 PS und 6 PS. Bis auf kleine Details waren die Modelle gleich konstruiert. Fast unverändert stellte John Deere diese Motoren bis 1946 her- ganze 23 Jahre lang. Mehr als 175.000 Exemplare wurden ausgeliefert, wenngleich auch nicht nach Europa exportiert.

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Wesentliches Merkmal der "Model E"-Motoren war die Art der Drehzahlregulierung. Die Motoren besaßen eine Aussetzerregelung, im englischsprachigen Raum auch "Hit and Miss"-Regelung genannt. Hierbei sorgt ein Drehzahlregler dafür, dass bei erreichen der Solldrehzahl das Auslassventil geöffnet bleibt. Dadurch saugt der Kolben kein brennbares Gemisch an. Erst wenn die Drehzahl unter ein bestimmtes Niveau fällt, schließt das Auslassventil und der Kolben saugt wieder ein brennbares Gemisch an, welches dann durch eine Niederspannungs-Abreisszündung entflammt wird. Dieses Prinzip ist fast so alt wie der Verbrennungsmotor selbst. Die Vorteile sind die geringe Anzahl bewegter Teile und der einfache Aufbau des Motors. Zündung und Vergaser sind simpel konstruiert und leicht zu warten bzw. instand zu setzen.

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Mein "Model E" ist die kleine 1,5 PS-Version und somit schön handlich. Von "leicht" kann keine Rede sein, wiegt er doch ca. 130 kg- ohne Fahrgestell. Als ich den Motor bekam, war er nicht betriebsbereit. Irgendjemand in den USA muss den kleinen Motor vor einigen Jahren mal mit grüner Farbe übertüncht und dann als Dekoration in seinen Vorgarten gestellt haben. Ich versuchte zunächst, das Baujahr des Motors zu ermitteln. Das war allerdings nicht ganz einfach, da die Motoren in ihrer mehr als zwanzigjährigen Bauzeit kaum verändert wurden und somit fast alle Bauteile untereinander austauschbar sind. So fällt die Seriennummer auf dem Typenschild in das Baujahr 1945, während der Niederspannungsmagnet das Baujahr 1928 eingeschlagen hat. Der nächste Schritt war nun, den Motor wieder zum Leben zu erwecken. Hierzu war es notwendig, den Motor weitgehend zu zerlegen und zu reinigen. Der unter dem Motor montierte Blechtank war mal durchgerostet und wurde unprofessionell geflickt. Ersatz wurde in in den USA bestellt, ebenso ein kompletter Dichtsatz. Das Pleuellager hatte ganz vier Millimeter Spiel und musste neu eingestellt werden. Das atmosphärisch gesteuerte Einlassventil war festgerostet. Die Benzinmischdüse war verstopft und um 90° verdreht eingebaut. Die originale Flachriemenscheibe fehlte. Positiver Lichtblick: Der Kühlwasserraum war frei von Kesselstein, und der Motor scheint bisher noch nie Opfer eines Frostschadens gewesen zu sein.

              

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Aufgrund der guten Ersatzteilversorgung, der frei verfügbaren Dokumentation für diesen Motor im Internet und des simplen Aufbaus war der Motor schnell wieder zusammengesetzt und konnte seinen ersten Probelauf absolvieren. Die fehlende Riemenscheibe konnte in den USA aufgetrieben werden. Ein passender Transportwagen fand sich auf dem heimischen Bauernhof. Die grüne Farbe ließ ich größtenteils am Motor, ich besserte lediglich ein paar Blessuren aus. Zum Schluss verpasste ich dem glänzenden Motor mittels einer speziellen Leinölmischung einen Hauch von Patina, sodass er sich nun ganz wunderbar in die Reihe meiner John-Deere-Schlepper einfügt, die sich im optischen Originalzustand befinden.

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Hier ein Filmchen vom ersten Startversuch meines Model E 1,5 PS. Technisch ist er hier bereits weitgehend instandgesetzt, die optische Überarbeitung stand hier noch aus.