65
Ab ca. 1957 begann die Luft für Massey Ferguson auf dem deutschen Markt dünn zu werden. Wurden die in den vorangegangenen Jahren unter dem Markennamen "Massey-Harris-Ferguson" vertriebenen Modelle TEF 20 und dessen Nachfolger MF 35 noch in beachtlichen Stückzahlen verkauft, so hatte der seit 1957 nur noch unter "Massey-Ferguson" firmierende Weltkonzern keinen passenden Schlepper für die immer größere Nachfrage nach starken Schleppern im Programm.
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Wichtigstes Merkmal für den "größeren Bruder" des immer noch stark gefragten MF 35 sollte das weltweit anerkannte und genial durchdachte "Ferguson-System" sein, welchem der kleine Ferguson TE seinen Siegeszug verdankte. So nahmen die MF-Ingenieure das vorhandene und bewährte Getriebe des MF 35 und passten es durch kleinere Veränderungen an eine stärkere Motorisierung an.
Es
fehlte also nur noch ein leistungsfähiger, robuster Motor. Anders als
seinerzeit beim TE, wurde für den europäischen Markt von vornherein bei MF ein
Dieselmotor als Antrieb für den MF 65 vorgesehen. Dummerweise hatte die Firma
Standard in Coventry, die bis dato sämtliche Motoren geliefert hatte, keinen
Motor in der Leistungsklasse oberhalb 40 PS im Programm. Es fiel daraufhin bei
MF der Entschluß, Vierzylinder-Dieselmotoren beim englischen Motorenbauer
Perkins einzukaufen. Seit diesem Zeitpunkt wurden alle europäischen
MF-Schlepper mit Perkins-Dieselmotoren ausgerüstet.
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Als
der MF 65 dann im Jahre 1957 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, besaß er
den Perkins-Vierzylinder Direkteinspritzer des Typs 4.192, der aus 3.153 cm³
Hubraum 40 PS holte. Übrigens wurden erstmals seit diesem Jahr die MF-Schlepper
nicht mehr in einfachem "Einheitsgrau" lackiert, sondern erhielten
einen attraktiveren rot-grauen Anstrich. Von 1957 bis 1964 wurden im englischen
Coventry vom MF 65 insgesamt 114.023 Exemplare gebaut und in die ganze Welt
geliefert. Zwar konnte Massey-Ferguson mit dem MF 65 nicht ganz an die riesigen
Produktionszahlen des TE20 oder MF35 anknüpfen, dennoch kann man bei über
14.200 pro Jahr gebauten Schleppern nicht von Ladenhütern sprechen.
Leider
entwickelten sich die Absatzzahlen vor allem in Deutschland nicht so, wie es
sich MF gewünscht hatte. Die deutschen Wettbewerber waren MF damals einige
Nasenlängen voraus, da sie in der Regel ihre Motoren im Baukastenprinzip
konzipierten und Getriebe von Zulieferern zukauften (z.B. ZF). Dadurch konnten
die deutschen Hersteller schneller auf die Wünsche der Landwirte reagieren. Die
Hauptkonkurrenten des MF 65 waren in den 1960er Jahren:
Als
Konsequenz spendierte Massey-Ferguson dem MF 65 die neueste Entwicklung aus dem
Hause Perkins: Von nun an kam der Perkins 4.203 zum Einsatz, der durch den auf
3.335 cm³ vergrößerten Hubraum bei 1.980 U/min nunmehr satte 54 PS auf die
Kurbelwelle stemmte. Noch heute wird gesagt, daß der MF 65 in Kombination mit
dem Perkins-4.203-Dieselmotor das Beste war, was MF über Jahre im Angebot
hatte. Dennoch blieben die Verkaufszahlen eher bescheiden, was den MF 65 zu
einem "Geheimtip" machte. Die Beliebtheit in Oldtimertraktor-Kreisen
steigt stetig.
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Meinen
MF 65 besitze ich nun seit Januar 2007. Es ist ein MF 65 aus der letzten Serie,
also schon mit dem Perkins-4.203-Dieselmotor. Der Schlepper befindet sich optisch
in einem absoluten Traumzustand. Alle Blechteile sind erhalten, es ist kaum eine
Delle zu finden. Alle Verkleidungsteile
tragen noch ihren unversehrten, ersten
Lack. Sämtliche Anzeigeinstrumente, wie Traktormeter, Ampèremeter oder
Öldruckmanometer, sind voll funktionsfähig. Typisch für alle "alten
Engländer" ist auch bei meinem MF 65 das fehlende Gaspedal. Die
Motordrehzahl wird lediglich per Handhebel geregelt.
Auch dieser Schlepper soll aufgrund seines schönen Originalzustandes vorerst nur technisch überholt werden.
Im November 2007, als der Ferguson TEA restauriert war und schon seine ersten "Auftritte" auf den regionalen Oldtimertreffen hinter sich hatte, wurde die Motorüberholung des MF 65 in Angriff genommen. Die benötigten Ersatzteile warteten nun schon geraume Zeit auf ihren Einbau, für eine fehlerfreie Arbeit besorgte ich mir nun noch ein Werkstatthandbuch, das mir bei der Montage der neuen Motorkomponenten die wichtigsten Fragen beantworten sollte.
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Die
Motorüberholung beanspruchte knapp sechs Wochen. Es zeigte sich als recht
umständlich, die Ölwanne abzubauen, da sie als mittragendes Teil nicht nur mit
dem Motorblock, sondern auch mit dem Vorderachsträger verschraubt ist. Erst als
die komplette Vorderachse samt Träger entfernt war, konnte die Ölwanne
demontiert und die Kolben mit den Pleuelstangen nach oben aus dem Motor gezogen
werden. Jetzt offenbarte sich, daß die Motorüberholung dringend notwendig war.
Der vierte Kolben wurde durch einen Fresser total zerstört und unbrauchbar. Als
Ursache vermute ich eine Überhitzung des Kühlwassers, hervorgerufen durch
Überbeanspruchung und einem verdreckten Kühlernetz.
Im Zuge des Austausches sämtlicher Zylinder und Kolben wurden die Kurbelwelle und der Zylinderkopf überprüft. Die Kurbelwelle wies auch nach fast 9.000 Betriebsstunden keinerlei Verschleiß an den Hubzapfen auf. Der Zylinderkopf wurde komplett gereinigt und von Verbrennungsrückständen befreit. Ebenfalls wurden alle acht Ventile gereinigt und mit Ventilschleifpaste neu in ihre Sitze eingeschliffen.
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Zusammen mit einer neuen Dichtung wurde der Zylinderkopf wieder auf den Motorblock gesetzt und mit den vorgeschriebenen Anzugswerten festgezogen. Nun konnte auch die gründlich gereinigte Ölwanne samt neue Papierdichtung wieder angebaut werden. Vor dem endgültigen Zusammenbau wurden der Kühler und die Wasserpumpe eingehend überprüft und gesäubert, um in Zukunft einen zuverlässigen Wasserkreislauf zu gewährleisten.
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Der erste Probelauf nach der Motorüberholung fand im Dezember 2007 statt.
Nur kurz wurde vorgeglüht, und schon nach wenigen Kurbelwellenumdrehungen sprang der große, neuentstandene Vierzylinder an und lief schön gleichmäßig rund, als wenn nichts gewesen wäre...
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Das folgende Video zeigt meinen MF 65 nach der Motorüberholung. Viel Spaß!